„Das Dittinghaus an der Hafnerstrasse, diese leicht abgerockte Immobilie im Hochpreisgebiet Kreis5, ist Schauplatz einer Ausstellung. Auf drei Stockwerken wuselt es, blinkt und klingt. Und es riecht auch, weil eine Küche aus Abfall funkelndes Essen formt und serviert. Man möchte es Midas-Stübli nennen, nach König Midas, der aus Scheisse Gold schuf. Aber das wäre falsch, denn die weggeworfenen Waren waren ja gerade nicht verdorben. Meine Nase reagiert nur deshalb selbst im dritten Stock sensibel, weil ich mit einem Magenvirus kämpfe, der mit der Kochkunst von Lauren Wildbolz, Studentin Master Transdisziplinarität, nichts zu tun hat.
Viel zu tun hat die Hi-Lo-Cuisine aber mit einer Struktur, die mir in diesen zwei Tagen immer wieder begegnet: Es ist der Dialog verschiedener Fertigkeiten, Stile, Sprachen – innerhalb eines Werkes selbst. Abfall und Sushi, laienhafte und virtuose Körper, avancierte Bilder und Teenagerlyrik, Kontrollverlust und Partitur: Diese Polaritäten geistern durch meine zwei langen Hausbesuche. Heisst Transdisziplinarität (langsam lesen, dann geht es besser: Transdisziplinarität), heisst Transdisziplinarität am Ende vor allem, dass ein Kunstwerk verschiedene Standpunkte aufzeigt und zur Achtsamkeit auffordert?
Die Ausstellung heisst „Showroom Z+: Darstellungsformate im Wandel“ und bespielt fast alle Räume des Hauses, auch die Büros der Abteilung Z+, wo die Spezialististinnen der Transdisziplinarität arbeiten, denen ich als Observer unterstellt bin. Gezählt habe ich 19 Showbeiträge, von Studierenden aller Departemente der ZHdK, nach zwei Tagen war alles schon wieder vorbei.“
Quelle: Tobi Müller: Observer-in-Residence ZHdK